Benz (ab 1886)
Urvater aller Automarken: Das erste vollfunktionsfähige Automobil der Welt baute der Ingenieur Carl Benz 1886 in Mannheim. Drei Jahre zuvor hatte er die „Benz & Cie. Rheinische Gasmotorenfabrik“ in Mannheim gegründet und sich mit dem erfolgreichen Verkauf von Zweitaktmotoren die wirtschaftliche Unabhängigkeit gesichert. Aber erst 1888 fuhr Bertha Benz ohne Wissen ihres Mannes mit dem Typ 3 von Mannheim nach Pforzheim und bestätigte damit die Zuverlässigkeit der neuen Technik. Der dreirädrige Patent-Motorwagen wurde zum Vorbild einer sich rasant ausbreitenden Auto-Industrie in Europa und Amerika. 1899 besaß Benz die damals größte Automobilfabrik der Welt, 1926 erfolgte der Zusammenschluss mit dem größten Konkurrenten, der Daimler-Motoren-Gesellschaft zur Daimler-Benz AG.
Daimler (ab 1886)
Motoren für die Welt: Nach der Erfindung des schnelllaufenden Benzinmotors 1883 baute Gottlieb Daimler 1886 nur wenige Wochen nach Benz seinen Motor in eine vierrädrige Kutsche ein, 1887 folgte der Bau einer Motorenfabrik. Der dreizackige Daimler-Stern – ursprünglich die Markierung Daimlers auf einer Postkarte – symbolisiert bis heute die Motorisierung zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Zusammen mit Investoren wurde 1890 die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) gegründet. Wegen zahlreicher Lizenzen für die Motoren wurde für Automodelle ab 1902 der Markenname Mercedes geschützt. Mit Gründung der Daimler-Benz AG verschmolzen Benz-Lorbeerkranz und Daimler-Stern zum neuen Markenlogo.
Panhard & Levassor (1890-1967)
Französische Pioniere: René Panhard und Émile Levassor übernahmen 1886 die Firma Périn in Paris. Spezialisiert auf Holzbearbeitungsmaschinen und Gasmotoren. Aufgrund der Freundschaft zwischen Levassor und Daimler baute man in Lizenz ab 1890 Daimler-V-Motoren und entwickelte das erste benzingetriebene Auto Frankreichs, das Modell P2D, das weltweit als erstes in Serie gebaut wurde. Damit belegten Panhard & Levassor beim ersten Autorennen der Welt 1894 den ersten Platz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nur noch Kleinwagen der Marke Panhard gebaut. Citroen kaufte sich 1965 ein und das letzte Modell, der Panhard 24, rollte 1967 vom Band.
Lanchester (1895-1956)
Zu oft der Erste: Noch heute weist ein Schild in der Montgomery Street von Birmingham darauf hin, dass in der dortigen Lanchester-Fabrik 1895 das erste „British Motor Car“ gebaut wurde. Die drei Brüder Frederick, George und Frank Lanchester bauten nicht einfach nur Benz nach, sondern wagten sich an neue technische Lösungen. Das erste Modell war der Lanchester Five 1895, die ersten Testfahrten folgten 1896, drei Jahre später gründeten die Brüder die Lanchester Engine Company Ltd. Die Produktion des Lanchester Ten startete 1900. Trotz viel Esprit konnte sich die kleine Firma in der Wirtschaftskrise Ende der 20er nicht allein finanzieren und wurde 1931 von BSA in Birmingham gekauft und der Marke Daimler (später von Jaguar übernommen) angegliedert. Der letzte Lanchester, der Prototyp Sprite, wurde allerdings erst 1956 eingestellt. Die Namensrechte liegen nach dem Verkauf von Jaguar/Land Rover heute beim Tata-Konzern.
Peugot (ab 1890)
Der rollende Löwe: Nur von der Geschichte her betrachtet ist Peugeot der Älteste Hersteller – allerdings wurden ab 1819 zuerst nur Sägeblätter produziert, deren Zähne so robust sein sollten wie die vom Marken-Löwen. Erst 1889 wurde ein Autoprototyp hergestellt, der mit Dampf betriebene Serpollet. Das nächste Modell Typ 2 hatte einen Benzinmotor der Daimler-Motoren-Gesellschaft und ging 1891 in Serie. 1896 wurde eine eigene Gesellschaft innerhalb der Firma gegründet, die Société Anonyme des Automibiles Peugeot. Auf den Autos gab es zuerst einen Schriftzug, dann eine Plakette mit Löwe, in den 20er-Jahren einen Löwen als Kühlerfigur und nach dem Krieg das Löwen-Logo. 1974 erfolgte die Übernahme von Citroen (gegründet 1902), aus der die heutige PSA-Gruppe entstand.
Lorraine-Dietrich (1896-1953)
Luxus aus Lothringen: Dort stand die Wiege der fast noch mittelalterlichen Firma de Dietrich & Cie., die im 19. Jahrhundert vom Siegeszug der Eisenbahn profitierte. Und später in zwei Werken Motoren für Autos und Flugzeuge produzierte. Daraus resultierte 1896 das erste Auto, ein so genanntes Dreirad-Voiturette mit Faltverdeck und – damals noch unüblich – einer Windschutzscheibe. Bis 1905 hießen die Modelle nur de Dietrich, danach Lorraine-Dietrich. Eine Vielzahl von Modellen folgte, weil sich zahlreiche Nachwuchs-Konstrukteure der Firma mit eigenen Modellen versuchen durften, darunter Ettore Bugatti. Ihren größten Erfolg feierte die Firma 1926 beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans mit den ersten drei Plätzen des Lorraine 15CV. Neun Jahre später folgte das Aus, weil Leistung und Technik nicht mehr auf Augenhöhe mit der Konkurrenz waren.
Delahaye (1894-1956)
Ein Traum auf Rädern: Wie schon Peugeot verdankt Delahaye seinen automobilen Ruhm dem Namensgeber, in diesem Fall Émile Delahaye, der seit 1845 eine Maschinen- und Waggonfabrik aufgebaut hatte. Nach dem Vorbild der Benz-Modelle ließ er ab 1894 Automobile produzieren, 1901 entstand in Paris eine Autofabrik. Delahaye-Modelle galten zu Jahrhundertbeginn als besonders innovativ, in den 20er- und 30er-Jahren als die stärksten und schönsten Luxusmobile. Nach der kriegsbedingten Einstellung der Autoproduktion erlangte Delahaye nach 1945 seine Bedeutung nicht mehr zurück. Das letzte Modell 235 wurde 1954 eingestellt, der Markenname erlosch mit der Übernahme durch den US-Autohersteller Hotchkiss.
Tatra (1897-1998)
Österreich-Ungarns Beitrag: Der Ursprung von Tatra liegt in der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft von 1850. Gründer war Ignác Sustula, doch 1895 hatte seine Familie bereits alle Anteile an der Firma verkauft. Nach Kutschen und Eisenbahnwaggons stellte das mährische Unternehmen ab 1897 Automobile her. Der erste Typ, der Nesselsdorfer Präsident, basierte auf dem Vorbild des Ben-Patentwagens und gilt als das erste echte Automobil Österreich-Ungarns. Nach dem Ersten Weltkrieg schloss man sich in der neu entstandenen Tschechoslowakei mit dem Konkurrenten Ringhoffer aus Prag 1923 zur Ringhoffer-Tatra AG zusammen. Die Fahrzeuge hießen bereits seit 1920 Tatra, nach dem höchsten Gebirge des Landes. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Automobilproduktion nicht mehr in Schwung und endet mit dem Typ 700 im Jahr 1998.
Rochet-Schneider (1895-1932)
Qualität über alles: Edouard Rochet und Théophile Schneider machten 1894 in Lyon aus einer ehemaligen Fahrradfabrik eines der ersten Automobilwerke Frankreichs. Nur ein Jahr später brachten sie ihre von Benz inspirierten ersten Modelle auf den Markt, die wegen ihrer aufwendigen und hochwertigen Herstellung sehr beliebt waren. Trotz zahlreicher Lizenzverträge ging die Firma bereits 1907 in Konkurs und wurde danach von Schneider allein wieder aufgebaut. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte die qualitativ hochstehende Produktion mit der technischen Entwicklung nicht mehr Schritt halten und die Autoproduktion wurde 1932 mit dem luxuriösen 26CV endgültig eingestellt.
Martini (1898-1934)
Qualität hat ihren Preis: In der Waffenfabrik Friedrich von Martini liegen die Wurzeln für die bedeutendste Schweizer Automobilproduktion. Ab 1888 wurden Versuche mit Motoren gemacht und 1898 das erste Modell vom Typ 1 fertig gestellt. Doch erst 1903 mit einer Lizenz der Konstrukteure Rochet-Schneider und dem Neubau einer Fabrik in St. Blaise folgte der Aufschwung. Die Autos galten als solide, schnell und ausdauernd und nahmen an zahlreichen Wettbewerben und Ausdauerfahrten teil. Da es nach dem Ersten Weltkrieg nicht gelang, von Handarbeit auf industrielle Fertigung umzustellen, war Martini preislich nicht konkurrenzfähig. Daran ändert auch die Übernahme durch die Industriellenfamilie Steiger 1924 und die Einführung neuer Modelle nichts mehr. 1934 musste die Marke nach rund 3500 gebauten Exemplaren aufgegeben werden.
Text: Ulrich Safferling, autoKLASSIK Illustrierte – Das Schweizer Magazin für klassische Automobile / Heft 1, 2014 / Seite 64-65